Aschermittwoch kurz vor Weihnachten

22. Dezember 2023

Beitrag auf faz.net von Daniel Theweleit

Kein Tag für rheinische Frohnaturen: Der 1. FC Köln steht auf einem Abstiegsplatz, muss einen neuen Trainer suchen und darf in den nächsten beiden Transferperioden keinen neuen Spieler holen.

Es ist ein trauriges Jahresende, dass die Freunde des 1. FC Köln nun bewältigen müssen, nicht nur weil sie nach der 0:2-Niederlage bei Union Berlin vom Mittwochabend auf einem Abstiegsplatz ins neue Jahr gehen werden. Noch schmerzlicher ist für sehr viele Anhänger des Vereins, dass der Traum von einem neuen Herzenstrainer, der die Kölner in eine erfolgreiche Zukunft führt, ausgeträumt ist.

Am Donnerstag wurde bekannt, dass der sehr beliebte Steffen Baumgart den Klub verlassen wird. „Geschäftsführer Christian Keller und Thomas Kessler, Bereichsleiter Lizenzfußball, und der 51-Jährige haben den bisherigen Saisonverlauf und die aktuelle Situation (...) analysiert und sind dabei gemeinsam zu diesem Entschluss gekommen“, teilten die Kölner am Donnerstagnachmittag mit.

Vorausgegangen war ein recht ungewöhnlicher Entfremdungsprozess, der nicht zuallererst von der Arbeitgeberseite, sondern offenbar eher noch vom Trainer betrieben wurde. Immer wieder hatte Baumgart angedeutet, dass er nicht glücklich sei mit der Sparpolitik des Klubs, die seine Arbeit erschwerte. Wenn kein Geld vorhanden sei, „dann muss man welches besorgen“, hatte er gesagt, in einer Millionenstadt mit so viel Rückhalt müsse das möglich sein. Zuletzt gab Baumgart in vielen Andeutungen zu verstehen, dass er nicht mehr glaubte, noch der richtige Trainer für dieses Projekt zu sein, was Keller nun andeutungsweise bestätigte: Es gelte „zu respektieren, dass Steffen seine persönliche Überzeugung hinterfragt hat“, sagte der Geschäftsführer, „im Ergebnis sind wir deshalb gemeinsam zur Entscheidung gelangt, die Zusammenarbeit zu beenden – auch wenn das menschlich schmerzhaft ist.“

Womöglich fühlte sich Baumgart irgendwie überfordert, denn der Plan für den Klassenverbleib sah immer so aus, als verlasse man sich zuallererst auf die besondere Fähigkeit dieses Trainers, die seine ersten beiden Kölner Jahre geprägt hatten: Er verwandelte zuvor sehr unbekannte Fußballer in starke Bundesligaakteure, was den FC vor eineinhalb Jahren sogar in den Europapokal beförderte. Doch nun hatte Baumgart „das Gefühl, dass es eine Veränderung braucht“, wie er in einer Klubmitteilung erläuterte. „Der FC steht über allem – und obwohl wir in den letzten Wochen und Monaten sehr viel investiert haben, fehlen die Ergebnisse. Wahrscheinlich braucht es dazu dann eben doch einen neuen Impuls.“

Nach zwei sehr schönen Spielzeiten ist in diesem Winter nämlich nicht mehr viel übrig von dem einstmals so mitreißenden Baumgart-Fußball, obgleich nie der Eindruck entstanden war, dass die Mannschaft sich aufgebe oder von diesem Trainer abwende. Auch in Berlin spielte das Team bis zum ersten Gegentor nach 53 Minuten richtig gut, woraufhin Keller noch zur Trainerfrage sagte: „Entscheidend ist für mich die Frage, ob alle gemeinsam überzeugt sind, dass wir es in die richtige Richtung drehen. Ich bin überzeugt, dass wir es am Schluss hinkriegen können.“ Die Gespräche am Donnerstag haben dann zu einem anderen Ergebnis geführt.

CAS bestätigt Transfersperre

Vielleicht waren die Erwartungen an diesen Trainer zu hoch und am Ende eine Last, auch Steffen Baumgart ist eben kein Zauberer. In jedem Fall gibt es viele Gründe dafür, dass die Mannschaft so erfolglos Fußball spielt. Vor dem Hintergrund des nachvollziehbaren Bestrebens, Altlasten abzubauen, wurden immer wieder die besten Spieler abgegeben und nie gleichwertig ersetzt. Nach Baumgarts erster Saison beim FC wurden Anthony Modeste und Salih Özcan nach Dortmund verkauft, im vergangenen Sommer hatten Ellyes Skhiri (zu Eintracht Frankfurt) und Jonas Hector (Karriereende) das Team verlassen.

Der Kader, mit dem der Klub in die laufende Saison startete, hinterlässt den Eindruck, an mehreren Stellen nicht bundesligatauglich zu sein, besonders im Angriff. Die Kölner hielten zwar oft gut mit oder waren sogar besser als ihre Gegner, haben aber in 16 Partien nur zehn Tore erzielt. Das zu ändern, wird die zentrale Herausforderung des neuen Trainers.

Es wäre aber ohnehin nur wenig Geld für Verstärkungen vorhanden gewesen, aber am Donnerstag entschied der internationalen Sportgerichtshof CAS, dass die vorübergehend ausgesetzte Transfersperre, die in Folge einer möglicherweise regelwidrigen Verpflichtung eines Jugendspielers verhängt wurde, doch wieder in Kraft tritt. Da die Kölner vorerst keine neuen Spieler unter Vertrag nehmen dürfen, dürfte auch die Suche nach einem neuen Trainer ein sehr schwieriges Unterfangen werden, denn dass der 1. FC Köln im Grunde nicht nur auf der Trainerbank frische Kraft braucht, steht außer Frage. In den nächsten beiden Transperioden darf aber keiner kommen.