Ein Ostfriese will den Kölner Karneval ausbremsen

05. Februar 2024

Beitrag auf welt.de von Oliver Müller

Im vierten Versuch gelingt Trainer Timo Schultz mit dem 1. FC Köln endlich der erste Sieg. Gefeiert wird nur wenig, der Trainer verhängte klare Verhaltensregeln. Das hängt mit den spezifischen Gefahren der fünften Jahreszeit zusammen.

Mitten hinein in die kölschen Lieder, die aus Stadion-Lautsprechern tönten, machte Timo Schultz eine klare Ansage. Noch bevor sich seine Spieler nach dem 2:0 (0:0) über Eintracht Frankfurt vor der Südtribüne zum Siegerfoto versammeln konnten, gab ihnen der neue Trainer des 1. FC Köln etwas mit auf den Weg, das in der fünften Jahreszeit in der rheinischen Metropole durchaus befremdlich wirken könnte. Die Kölner Spieler sollen das Feiern unterlassen. „Ich weiß, dass ich mir damit nicht viele Freunde mache“, sagte er: „Aber ich bin nicht hier, um Karneval zu feiern.“

Dass Schultz damit Gefahr läuft, als Spaßbremse zu gelten, nahm er in Kauf. Denn trotz des ersten Sieges im vierten Spiel unter seiner Regie sei „noch nichts erreicht. Es sind nur drei Punkte. Wir wissen, dass wir weitere Ergebnisse brauchen“, erklärte der Nachfolger von Steffen Baumgart.

Die Kölner stehen nach wie vor auf dem Relegationsplatz. Am Sonntag gab Schultz seinen Spielern trotzdem trainingsfrei, sie sollten ihren Erfolg am Samstagabend ruhig auskosten. „Darauf haben sie lange genug gewartet. Aber ich gehe davon aus, dass die Spieler den Ernst der Lage erkannt haben und nicht die Woche durchfeiern, wenn wir sonntags ein wichtiges Auswärtsspiel haben.“ Dann geht es zur TSG Hoffenheim. Ab Montag gelte deshalb wieder: volle Konzentration auf die Mission Klassenverbleib.

Wie gut den Spielern der Sieg tat, wurde nach dem Schlusspfiff deutlich. Es war für den krisengeschüttelten Klub wie eine Befreiung. „Etwas Besseres gibt es nicht. Dafür spielen wir Fußball. Das haben sich vor allem die Fans verdient“, sagte Max Finkgräfe. Der Linksverteidiger (19) war auffälligster Akteur einer aufopferungsvoll kämpfenden Mannschaft und einer von gleich fünf Kölnern in der Startelf, die ihr 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Auch die beiden Torschützen, Faride Alidou (22) und Jan Thielmann (21) zählen nicht gerade zum Establishment der Liga – machten aber den Unterschied.

1. FC Köln ist auf Youngster aus der zweiten Reihe angewiesen

Schultz hatte aus der Not eine Tugend gemacht. „Wir haben mit Davie Selke, Luca Waldschmidt und Mark Uth drei gestandene Bundesligaspieler, die blöderweise verletzt sind. Das bietet die Chance für andere Jungs“, erklärte der Trainer. Die Talente nutzten sie. Das macht Hoffnung, denn nicht nur aufgrund der aktuell verletzten Stammkräfte dürften die Youngster in den kommenden Monaten benötigt werden. Der Kölner Kader ist auf Kante genährt. Und wegen der Transfersperre, zu der der FC vom internationalen Sportgerichtshof Cas verdonnert worden ist, sind den Verantwortlichen die Hände gebunden.

Während sich die Konkurrenz aus Darmstadt (18.), Mainz (17.) und Berlin (15.) im Januar verstärkte, müssen die Kölner alles aus dem vorhandenen Potenzial herausholen. Die letzten Auftritte stimmten den 46-Jährigen zuversichtlich, dass dies gelingen kann. Er sehe „eine Mannschaft, die Gas gibt, richtig Bock hat und eng beieinander ist, die Lust hat, die Situation anzunehmen, die genau weiß, woran sie arbeiten muss“, erklärte er.

Schultz weckt Stärken, die Baumgart nicht sah

Tatsächlich ist mittlerweile auch so etwas wie eine Handschrift des neuen Trainers zu erkennen. Die Herangehensweise ist gegenüber der von Baumgart modifiziert worden: Der FC legt größeren Wert auf defensive Stabilität sowie ein schnelles Umschaltspiel. Er habe „die Abläufe angepasst“ und „neue Themen“ gesetzt, so Schultz. Er versuche, die Mannschaft „mehr in die Stärken zu bringen, die der andere Kollege nicht gesehen hat.“

Köln spielt pragmatischer, nicht mehr so offensiv, aber ebenso energiegeladen wie unter Baumgart. Damit sollen, so der Plan, die spielerischen Defizite gegenüber besser besetzten Gegnern kompensiert werden. Am Samstag gelang dies mit großer Disziplin – allerdings auch nur, weil sich Frankfurt selbst schwächte. Die Kölner Treffer fielen erst nach der Ampelkarte gegen Niels Nkounkou (66. Minute).

Karnevalssitzung brachte Köln aus dem Tritt

Es bleibt ein steiniger Weg, den siebten Abstieg der Vereinsgeschichte zu verhindern. Dazu bräuchte es nicht mal die Versuchungen des Karnevals – um den der Ostfriese Schultz allerdings auch nicht so ganz herumkommt. Am Dienstag feiert der FC seine klubeigene Sitzung.

Vor einem Jahr war Köln ausgerechnet wegen dieser Sitzung aus dem Tritt geraten – auch, weil sich in der Folge einige Spieler krankgemeldet hatten. „Ich muss sagen: Der Karneval hat uns nicht gutgetan“, sagte sich Schultz-Vorgänger Baumgart damals.

Schultz sagt jetzt: „Ich freue mich auf die Sitzung, ich freue mich auf die Karnevalszeit. Aber ich bin hier, um mit der Mannschaft zu arbeiten.“ Am Dienstag wird Köln gleich zweimal trainieren.